Wiesenfest und Wanderkino

Wortstark für Vielfalt und Stummfilm mit Livemusik

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Bericht: Anne Erpelding                  Bilder: Monika Seehase, Valentina Schenk

 

Dakar – Madrid – Lissabon – Rohrbach! Zum 7. Mal gastierte das Wanderkino bei uns. Eingeladen hatten der punker, der Quartiersverein und die AG Asyl – Rohrbach sagt JA. Am Freitag wurde der Lang-Stummfilm Nosferatu gezeigt und am Samstag Stummfilm mit Wiesenfest, vielen tollen Darbietungen und internationalem Essen. Kino im Doppelpack also.

Die Gruppe, die sich am Freitagabend im Kindergarten Pusteblume eingefunden hatte war sehr überschaubar und bestand größtenteils aus Mitgliedern des punker. Leider hatte der Wettergott diesmal nicht mitgespielt – oder hatte ihn im Vorfeld Nosferatu vertrieben? Wer weiß das schon. Irgendwo war es doch ganz gemütlich – nicht so frisch wie draußen und mit ausreichend Platz.

Also hieß Valentina Schenk das werte Publikum willkommen. Es waren auch ein paar alteingesessene, treue Fans gekommen. Das sieht man daran, dass sie ihre Campingstühle dabeihatten um mit echtem Komfort das Gruseln zu genießen statt auf den harten Holzbänken...

Schon seit über 20 Jahren tourt Tobias Rank mit seinem roten Unimog  „all in one“ – Kino, Küche, Unterkunft - die Lande. Mit dabei war sein Kollege Sebastian Pank. Nach erfolgreicher Verdunkelung setzten sich die Musiker zu ihren Instrumenten und schon surrt der alte 8 mm-Filmprojektor. Auch wenn man nicht so bequem saß spielte das fast keine Rolle mehr – so sehr zog uns dieser 100 jährige Film in den Bann. Der Handlung ist komplex und hat mehrere Erzählstränge: Die Reise des jungen Ehemannes zum Schloss des Grafen Orlok alias Nosferatu, um ihm den Kaufvertrag eines verfallenen Hauses zu bringen, die Trancezustände seiner jungen Frau daheim, die ihn vor Schlimmerem bewahren, schließlich die Reise des Grafen im Sarg übers Meer und begleitet von Ratten die, am Zielort angekommen, die Pest in die Stadt bringen. Die Szenen der Sargträger und Pferdewagen, die die Toten abtransportieren, wirken gespenstisch und lassen Parallelen zur Covid Katastrophe in Bergamo aufkommen. Dies alles wird während 94 Minuten bravourös bei Dunkelheit musikalisch untermalt vom Duo Rank & Pank – wahrhaft eine Meisterleitung. Sch... auf alle Hollywood Schinken und Blockbuster – es geht doch nichts über gutes, altes Gruselkino.

Der Samstag entschädigte dann mit strahlend blauem Himmel, es fühlte sich an als habe sich die Temperatur im Gegensatz zum Vortag verdoppelt. Während die Zelte und Stände noch aufgebaut wurden, machte uns José mit seinem Kollegen gute Laune mit lateinamerikanischen  Rhythmen. Als nächstes kam eine ungarische Tanzgruppe an die Reihe, aber vorher muss noch der Boden gefegt werden. Ein ziemlicher Kontrast zum vorherigen Programmpunkt, aber das ist auch gewünscht – es sollte ja vielfältig und multikulturell sein. Langsam füllen sich auch die Zeltlinge: das Mehrgenerationenhaus ist vor Ort, das Collegium Academicum, Parents for Future und der Asylarbeitskreis. Zu essen gibt es nahöstliches Fingerfood, afrikanische Spezialitäten und ganz traditionell Wurst im Brot – auf Wunsch mit und ohne Senf. Ein Eiswagen war auch angekündigt und für Getränke war ebenfalls gesorgt. Und damit das alles auch wieder ausgeschieden werden kann steht am Ende des Platzes ein rotes Häusle.

Aber erst einmal ein großes Lob der ungarischen Tanztruppe, die trotz der Hitze anmutig ihre Tänze vorführt und sogar noch eine Zugabe gibt. Dann ist wieder José dran, der aus seinem schier unerschöpflichen Liederfundus weitermacht und uns so die Wartezeit bis zum Anbruch der Dunkelheit vertreibt. Die Musik ist so ansteckend, dass manche Besucher den Klängen erliegen und mittanzen.

Nun kommen kubanische Lieder an die Reihe. Inzwischen ist die Capoeira Gruppe eingetroffen. Langsam füllen sich auch die Tische, aber es ist immer noch viel Platz. Die Capoeira Gruppe besticht mit ihrer Darbietung: mit welcher Geschmeidigkeit die Körper über den Boden wirbeln, begleitet von den Klängen und Rhythmen ihrer Musik – einfach beeindruckend. Auch das Publikum wird zum Mitmachen aufgefordert und einige kommen der Einladung nach. Selbst eine Kindergruppe gibt es. Leider geht die anschließende persische Musik etwas unter im sich steigernden Geräuschpegel. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen und ein erfreulich gemischtes Publikum. Es gibt Jazz von Larissa, derweil das Kino aufgebaut wird und Getränkenachschub geholt wird. Zu essen gibt es immer noch. Langsam gruppieren sich die Menschen um die Leinwand und dann endlich, nach einem abwechslungsreichen Warten surrt wieder der Filmprojektor und wirft seine Helden auf die Leinwand: Charlie Chaplin als Feuerwehrmann, Laurel und Hardy – Verwicklung um die Ehefrau, meisterhaft gespielt von Stan Laurel und als Letztes der traurige Buster Keaton als Vogelscheuche – eine Rolle wie auf den Leib geschrieben. All dies wird begleitet von den wunderbaren Klängen des Musikerduos. Es war ein wunderschöner lauer Sommerabend unter den großen Bäumen, durch den eine leichte Brise weht – ein kostbarer Abend friedlichen Zusammenseins in dieser so unruhigen Welt. Danke an alle, die über Monate mitgeholfen haben, diese Veranstaltungen zu einem Erfolg zu machen. Es ist so schön, dass es den punker gibt – das Alleinstellungsmerkmal des Rohrbacher Kulturlebens!