„Newa der Kapp”
Arnim Töpel auf Einladung von punker und Stadtteilverein im Roten Ochsen
(12.11.2006)
von Raabe Hackbusch / Fotos: Uwe Bellm
Und wieder ein Erfolg: Die Karten nach kürzester Zeit ausverkauft, der Saal im Ochsen voll, der Stadtteilverein und der Punker (vertreten durch Herrn Frauenfeld und Herrn Fuchs) begrüßen zu einem Abend „Newa “mit Armin Töpel.
Zwei Vorsitzende newa de Kapp ...
Nicht nur Urgestein- Rohrbacher und Urgestein- Kurpälzer waren im Ochsen, als Armin Töpel Gehör, Konzentrationsfähigkeit, Lachmuskeln und Dialektfestigkeit (!) seines Publikums austestete.
Er stellte sich als schwierigen Fall vor – da „ nicht vun hier“ – nein, aus Walldorf. Walldorf war der Ort meines ersten Scheiterns – nicht als Lehrerin, sondern als Gesprächspartnerin meiner Schülerinnen und Schüler, die sich in den Pausen hemmungslos für Englisch- und Französischstunden rächten, indem sie Wallderferisch mit mir kommunizierten. Insofern war die Wiederbegegnung mit Arnim Töpel die lustvolle Erinnerung an Zeiten, als ich mich diesem Idiom mühsam und mit vielen Rückschlägen langsam annäherte.
Auch er war nicht „ von hier“, und auch seine Eltern erst ca. 50 Jahre in der Region gewesen, bevor sie nach Walldorf zogen – ein Handicap, das man ihm nicht mehr anmerkt, das ihm aber damals schwer zu schaffen machte. Sei es sein Vortrag über die Infantilisierung des Erwachsenen beim Anblick eines Kleinkindes, seien es die „Babbedeckel“, seine Beispiele aus dem Wallderferischen, das er als Kind fix lernen musste, um überlebensfähig zu sein... Es ist ein absolutes Vergnügen, ihm zuzuhören.
Wie wurde er Walldorfer? Er musste statt Ka-ka-o nun Kaba verlangen. An der Sprache und am Unvermögen, Situationen wallderferisch anzugehen, scheiterte die erste große Liebe, die Sache mit Y-von-ne. „ Ich bin Y-von-ne“ – das fuhr ihm rein, und sein Kumpel zeigte, wie man Verabredungen trifft: „ Y-von-ne, du weescht, wie’s ist. Alla, um 3 an de lutherische Brick“. (Dass das die Stelle vieler heißer Verabredungen der Walldorfer Jugend war, ist verbürgt. Ich kann es bestätigen. Am Ende des Waldes, eine kleine Brücke über den Leinbach, da vibrierte die Lift vor Erwartung, da saßen die Mädchen auf dem Geländer und guckten mühsam gelassen, die Jungen waren tierisch cool und der Leinbach müffelte dazu. (Arnim Töpel aber hat’s vermasselt, trotz seiner wilden Begeisterung für „ Y-von-ne“.)
Das Einkaufen ist durch Nachahmen machbar: „ Häa, ich will von derre Worscht do.“. Widerspruch geht einfach: „ Ah her doch uff!“ Das Wallderferische nimmt Besitz von ihm. Die sprachlichen Ausfälle häufen sich... „ Isch kann’s nimmer heere, verfilzte Klobrill!“ kommt bei seinen Eltern nicht gut an. Therapie bringt keinen Erfolg – er empfindet seinen Therapeuten einfach nur als „Hannepampel“.
Arnim Töpel ist der Günther
Harmlos dagegen das Problem, ob es „ Merbs“ oder „Mürbs“ heißt, das ändert sich – auch in Rohrbach – seiner Einschätzung nach straßenzugweise.
Er könnte ewig weitererzählen. Wer jemals einen fremden Dialekt hat verstehen lernen müssen, weiß, was das heißt.
Aber neben der Sprache interessiert ihn auch das allzu Menschliche, z.B. die Babbler. Er hasst sie. Warnt uns: Sag nie „ Un? Wie?“ , denn dann babble die, un babble, un babble!... „ Nur ganz kurz“ heißt 2 Stunden vorneweg, so dass sich „vor lauter Babble keine Falten eingraben können“. Töpel sinnt auf Rache! Er feuert den Babbler an. Der kann sich nicht bremsen. Nach 1, 2, 3 Stunden sagt er: „So, das war’s, tschüsel.“- Fragt Töpel ihn: „ Und wie sehen das die Anderen?“. Und der Babbler „ gaafert“ schon ein bisschen. Ausgeschwätzt. Nichts da. Töpel stößt nach: „Und politisch... der Sport... gesundheitliche Aspekte“... Der Babbler, gebrochen, will sich unauffällig entfernen... Töpel bleibt stur: „Du, ich geh noch mit, vielleicht fällt dir ja noch was ein“... Wir kosten mit Arnim Töpel den Genuss aus, einem Babbler eine Lektion zu erteilen.
Und das Programm geh weiter, streift Themen, mal politisch, mal gesellschaftskritisch, mal ein bisschen philosophisch. Mal blödelt er – das muss man live genießen, das kann man nicht „nacherzählen“. Aber es gibt so ein paar Sachen, die hängen bleiben. Wer dabei war, erinnert sich vielleicht...
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Was du leisten kannst, kann keiner bezahlen. Du schaffst also – fa umme! Das schönste
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Wort, was mir hawwe, is fa umme.
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Was haben die Leute? Die meisten haben so viel, die merken gar nicht, wenn sie bestochen werden.
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Und nun unterhält er sich auch noch mit seiner inneren Stimme. Die hat einen Namen. Günther. Der Günther ist der Armin. Armin geht nicht – in Walldorf. Also wird der Armin umgetauft und muss mit Günther leben. Wohin das führen kann? In die Therapie- s.o.! Töpel fragt sich, ob jeder eine innere Stimme hat, so wie er seinen Günther. Und ob sich die inneren Stimmen im Saal untereinander verständigen können.
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Anderswo schmeißen Fans Schlüpfer- da ist er aber froh, dass er in Rohrbach ist.+
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„ In jeder Gemeinschaft ist der Anteil der Arschlöcher immer gleich“– wir atmen auf, wir sind nur eine Gesellschaft für einen Abend, keine Gemeinschaft.
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Lass dich liften. Was sagt das Leben? Des wird nicht heben.
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Des issn Wolf: Uffpasse! Des is e Fraa: Obacht!
Arnim Töpel singt den Günther
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Und die Welt... vor 40 Joahr? E Männerwelt. Damals Autolin, heute Computerlin. Die Mess war e Gockelfescht. Die Mädlin sin mit Häppsche uffm Tablett rumgeloffe. Heute? Iss des a Frauenwelt ? „ Aba!“ Des is a Single-Welt, wo jeder machen muss, was ihm gefällt. Und Singles sind merkwürdigerweise allee, verheiert, kriege Kinner, werre immer meehner…
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Man hat sich dumm gelernt. Das Weltwissen verdoppelt sich alle 14 Tage. Also halbiert sich unser Wissen alle 2 Wochen. I have a dream – das ganze Weltwissen auf einer DVD, die dann in 50 Jahren gelöscht wird. Das Wissen, das wir haben? Fort mit, kannscht de Hase gebbe. Wees isch net: der wichtigste Satz. Sag ihn. Genieß es.
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Als „ Liejebeitel“ musst du so gut sein, „ dass du selbsch an de Kääs glaubscht. Awwer der Liejebeitel glaubt nicht mal, was er weeß.“
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Die wichtigste Frage an Kinder in Walldorf war:“ Wem g’heersch’n du? Wou gehsch du’n hin?“ Und an inzwischen größer Gewordene:“ Weescht du noch, wie du sou’n Krutze warsch?“
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Und die Eltern der Walldorfer Schulkameraden... „Von mir hot der des net.“ „ Von mir aa net.“ Fazit: „ Isch bin gefunne worre. Aber wo’n? Uff de Strooß? Uff de Kerwe?“
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Wie findest du die Frau / den Mann deines Lebens? Kannst du lange suchen. Iwwerall. Hilft nix. Du musch gefunne werre.
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Begrüßungknapp und präzise. Frage: „Un?“; Antwort: „Un selwer?“ ( Der Antwortende ist gut drauf).
Frage: „Un?“; Antwort: „Froog misch net.“ (Der Antwortende ist schlecht drauf).
Armin Töpel, warum sind Sie Globalisierungsfan? „Weil, wenn’s iwwerall desselbe gibt, kann isch daheem bleiwe. Des nenn isch Freiheit.”
Arnim Töpel mit Raabe Hackbusch