Song-Juwelen in Krimi-Fassung
Töpels Welt-Uraufführung des „Schorle-Peda” im „Ochsen” (3.11.2012)
von Ludwig Schmidt-Herb
Um es gleich vorweg klarzustellen: Der „Schorle-Peda” ist nicht Töpels alter ego, das war und ist und bleibt „de Günda”. Der „Schorle-Peda” ist Peter Lengert, das Mordopfer in einem Kurpfälzer Regional-Krimi, der Töpels neuem Programm nicht nur den Namen, sondern auch den Rahmen gab. Und „de Günda” ist diesmal der Kommissar „Mr. Noochdenkerles”, der rumrennt, Fragen stellt, kombiniert und schließlich aufdeckt, dass .... aber der Reihe nach.
Hans-Jürgen Fuchs hat es bei seiner Einführung gleich auf den Punkt gebracht: wir brauchen hier in Rohrbach keine Komiker mit leeren Jux, wir legen Wert auf Intellekt, auf „Noochdenkerles” – deshalb nach Schwöbel jetzt Töpel, einer wie der andere „Poet, Denker, Aufklärer”.
Und Bernd Frauenfeld hakte nach: Töpel sei bei uns ja schon so gut wie eingemeindet. Und man habe gehört, wenn heute der Applaus richtig groß sei, mache Töpel nächstes Jahr den Kerweborscht.
Töpel kommt auf die Bühne: „Was soll ich nächstes Jahr machen?”, und auf „Kerweborscht”-Zurufe aus dem Publikum meint er, darüber könne man „ä annermol schwätze”. Jetzt sei er hier wegen seiner Vorpremiere – denn das heute sei eine „Welturaufführung”, die noch nie zuvor jemand gesehen habe, nicht einmal seine Frau – nur Uwe Bellm sei eingeweiht.
Dann kommt er zur Sache. Das heiß, zur Identität, also zur Frage „Wem keer'schen Du?”, die er schon als Kind zwiespältig beantwortet hat, mal in hochdeutsch als Armin, mal auf kurpälzisch als Günda. Und so sei seine geteilte Perönlichkeit entstanden. Armin und Günda befinden sich seitdem im dauernden Dialog über die alltäglichen Probleme ebenso wie über die letzten Dinge. Zum Beispiel über Schopenhauers Behauptung, das Leben sei ein Traum und der Tod das Erwachen. Dabei benötige der nachdenkliche, beschauliche Träumer Günda, alias „Mr. Noochdenkerles”, ein Verwirklichungs-Profil, und dazu helfe im Armin, klar, strukturiert, rational, zupackend.
Hier endlich kommt der Stoff ins Spiel, der den Abend füllen soll: Ein Krimi, regional und brutal, ein Fall für „The Brain”, ein Fall für „Mr. Nochdenkerless", ein Fall – fa de Günda, kurz für die „SoKo Doo” (Sonder-Kommission hier). Der Krimi heißt: „DER SCHORLEPETER”.
Wer ist dieser verschrobene, geheimnisumwobene Typ? Wohnt in einem Wohnwagen, spielt Kurpfälzer Blues und provoziert die abenteuerlichsten Gerüchte über seine Vergangenheit. Tauchte irgendwann in der Region auf, und scheint aller Welt nur bekannt zu sein unter seinem seltsamen Spitznamen. Besser gesagt: wer war de Schorle-Peda? Denn eines Tages machen Spaziergänger eine unerfreuliche Entdeckung ...
Im Dialog zwischen Armin und Kommissar Günda – dem mehr zur Kontrolle als zur Unterstützung der ehrgeizig-junge Assistent Fritjiof Freese zur Seite gestellt wird – entwickelt sich nun der hochkomplizierte Mord- und Aufklärungsfall, lokalisiert im beschaulichen „Klickerbach”, gespickt mit Verdächtigen, Alibis, Intrigen und Beschuldigungen, falschen Fährten und überraschenden Aufdeckungen, den die „SoKo Doo” nun Schritt für Schritt aufklären muss.
Töpel läßt dabei kein Klischee aus. Es gibt eine verliebte Zeugin, deren eifersüchtige Rivalin, einen pubertierenden Jugendlichen, einen geldgierigen Investor, einen korrupten Anwalt, rivalisierende Kandidaten ums Bürgermeisteramt, samt und sonders beladen mit Mordmotiven in Hülle und Fülle – bis endlich in bester Sherlock-Holmes-Manier alle zum Finale in einem Raum zusammenkommen, wo im show-down-Verhör herauskommt, dass der Schorlepeter wegen nicht erwiderter Liebe ermordet wurde.
Das Ganze wird aber nicht einfach erzählt, vielmehr nutzt Töpel jede der Figuren, um deren Charakter unmittelbar sprachlich und schauspielerisch lebendig werden zu lassen. So wechselt er ständig Dialekte, Tonfall, Körperhaltung, Gestik und Mimik, teilweise sogar die Kleidung, um das Geschehen in Klickerbach und gleichzeitig die kriminalistische Schwerstarbeit von „Chief”-Kommisar Günda vor aller Augen sichtbar werden zu lassen.
Und immer wieder unterbricht Töpel die Darstellung, setzt sich ans Klavier zu einem Song, der ein Stichwort der Handlung aufnimmt, das dann witzig, fetzig, bluesig oder einfach nur nachdenklich musikalisch verarbeitet wird. Teils sind es selbst komponierte, teils bekannte Melodien aus Pop und Jazz, auf die er seine Verse legt, immer aber bieten diese Songs Gelegenheit zum inneren Verschnaufen, zum kurzen Heraustreten aus der turbulenten Krimi-Welt. Deshalb sind diese Songs die Juwelen seines Programms. Eigentlich ist der Krimi nur die umrahmende Fassung für diese Songs, die nämlich sind die eigentliche geistige Nahrung im trivial-verworrenen Stoff.
Deshalb ist man nach etwa 1 ½ Stunden froh, dass es Chief Günda und seiner „SoKo Doo” gelungen ist, die Mörderin endlich zu überführen. Und die Songs, die Töpel als Zugaben bringt, werden so zum puren Genuss:
Zuerst eine kurpfälzische Version von Jim Morrisons „Summer's almost gone”:
„Summer'sch al'weil rum
was kummt denooch?
Des is aa die Froog”
Und schließlich eine Dialektstudie: Was, wenn die Frau auf deinem Navi kurpfälzisch sprechen würde? Dann hieße es „vorzuus, nauszuus, nuffzuus, niwwerzuus” und „hoomzuus”:
„Hoomzuus, grad egal, du kenn'sch de Weg
Hoomzuus, des is de scheenschte Weg
Hoomzus”
Dahin schickt er dann sein begeistertes Publikum.