Was ist der perfete Kaffee?

Ein Reisebericht

Was ist der perfekte Kaffee? Wie muss das Crema sein? Wie findet man ihn? Bei Tschakerts, bei Mantei? 
Nehmen Sie sich Ihren perfekten Kaffee, atmen Sie über der Tasse ein. Kaffeedünste steigen in Ihre Nase, kitzeln die Poren.
Die Ruhe Ihres Heimes verschwindet, Lärm dringt an Ihre Ohren. Als Sie die Augen öffnen, finden Sie sich in der "Gecko-Bar" mitten in der "Khaosan-Road" in Bangkok wieder. Der Stuhl auf dem Sie sitzen, ist nicht mehr der hochqualitative Echtholzstuhl, farblich abgestimmt mit Ihrer Einbauküche. Nein, es ist ein dreckverklebter, wackliger, ehemals weißer Plastikgartenstuhl, farblich abgestimmt mit der Umgebung, in der Sie sich befinden.

Hupen reißt Sie aus Ihrer Trance. Ein Tuck-Tuck quietscht sich durch die pulsierende Masse vor Ihnen, versucht sich seinen Weg zu bahnen. Vor Ihren Augen wird gekocht, Obst verkauft, Touristen strömen vorbei. Händler versuchen, alle vorbeigehenden Menschen für ihre Ware zu begeistern, fragen sie im brüchigem Englisch: "Whereareyoufrom?", versuchen ihre "freshpineapples", "mangos" und "stickyrice" unter die Menge zu bringen.
Zwischen diesen Touristen in ihren schlabbrigen Aladinhosen und Tops, sieht man anzugtragende Einheimische, die geschäftig durch die Menge hasten. Auf einmal werden Sie abrupt aus Ihren Gedanken gerissen, und realisieren, dass Sie einen der Händler genau eine Sekunde zu lange angeschaut haben. Dieser geht nun auf Sie zu, in der Hoffnung, Ihnen ein hölzernes Krokodil mit Rassel oder doch einen Laser verkaufen zu können. Auch der Mann, der Touristen schwarze Skorpione auf Holzstäbchen andrehen will, tritt nun auf Sie zu. Sie schütteln den Kopf und richten Ihren Blick auf den Boden. Dabei realisieren Sie die Tasse vor Ihnen auf den Tisch.

"War das gerade noch mein Kaffee?" schießt es Ihnen durch den Kopf, "Ist das überhaupt Kaffee?".
Das Crema, das die Hälfte der Tasse ausmacht, ist eher als Schaum zu bezeichnen, die andere Hälfte besteht aus einer nach Spülmittel schmeckenden, bräunlich gefärbten Flüssigkeit.
Sie beschließen, den Ort zu verlassen, Ihre abgeschirmte Oase im Chaos. Schlagen sich in die Menge, bahnen sich Ihren Weg, und suchen sich dann einen Tuck-Tuck Fahrer, der Sie für 40 Baht (ca. 1,10 Euro) durch die Stadt kutschiert.
So fließen Sie mit dem Verkehr, sitzen hinten in diesem offenen Motorrad-Auto, lassen sich den Fahrtwind um die Ohren schlagen.
Beobachten Motorradfahrer, die tausende Eier hinten auf ihrem Gefährt transportieren, befestigt nur mit einigen bröselig aussehenden Spanngurten.
Unter Schrecken sehen Sie in der Mitte einer dreispurigen Fahrbahn einen Fahrradfahrer in die entgegengesetzte Richtung fahren. Bei erstmaligem Aussteigen vor dem "goldenen Buddha", danken Sie diesem gleich, dass Sie die Fahrt, trotz mindestens drei überfahrener, roter Ampeln heil überstehen durften.

Eine Oase der Ruhe umfängt Sie, als Sie das nie zu enden scheinende Chaos der Straßen verlassen, um den "goldenen Buddha" zu besichtigen. Auf einmal ist von dem Verkehrslärm nichts mehr zu spüren. Ein Springbrunnen plätschert, Einheimische knien barfüßig vor der großen Buddhastatue, betend. Eine Katze sonnt sich auf einem der goldenen Füße dieses Monuments.
Ein Moment der Ruhe, den man erst auf dem "goldenen Berg" oder im Park am Fluss wieder findet.
All diese wohltuenden Oasen spenden Ihnen die Kraft, sich dem Chaos der Stadt zu stellen. Ein Chaos, das so bunt ist, dass eine ganz neue Art von Ordnung entsteht. Europäern fremd, aber 100% funktional.

Da Sie am Abend keine Ahnung haben, was Sie essen wollen, bestellen Sie "Pad Thai", welches sich als ein Haufen schleimiger, geschmacksintensiver Nudeln mit rohem Gemüse herausstellt.
Zum Abschluss dieses Tages ordern Sie noch einen Kaffee Americano für 25 Baht (ca. 0,65 Euro).
Doch beim ersten Schluck bemerken Sie, dass der Kaffee nicht nach Spülmittel, sondern nach einer wirklichen Kaffeebohne schmeckt und Sie sich, um einen Schluck zu nehmen, nicht erst durch eine 3 cm dicke Schaumschicht kämpfen müssen.
Auch der Stuhl unter Ihnen ist wieder der Ihnen bekannte Echtholzstuhl, und Ihr Blick richtet sich unwillkürlich auf Ihre Küchenzeile.
Nach einem ereignisreichen Tag in der Hauptstadt Thailands, sind Sie nach Hause zurückgekehrt.

 

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