Mitreißend? Na klar: Martinique
von Raabe Hackbusch
31. März 2012
Ausverkauft. Wir alle ahnten schon: Das kommt nicht von ungefähr. Wer sie einmal gehört hat, kommt gerne wieder.
Martina Baumanns Ansage, sie mache keine Ansage, „weil es immer besser ist, wenn man keine macht. Dies war keine Ansage!“, weckte hohe Erwartungen, was ihre weiteren Nicht-Ansagen betraf.
Und mit dem ersten Stück zogen sie ihr Publikum in den Bann. Ein bisschen 1001 Nacht, die der Percussionist, Junior Fulgencio Medina aus Puerto Rico, mit seinem trockenen, dunklen Dabdab anklingen ließ, ein bisschen Desert Blues, Wüstenklänge, und man hat den Eindruck, dass durch den Saal des Roten Ochsen nicht allein die zu erwartenden Schnitzeldüfte ziehen, sondern irgendwie denkt man, es könnte eine Kamelkarawane in der Musik stecken. Und dann setzt die Klarinette ein und seufzt und fragt und schluchzt hier und da – so, wie Uwe Loda es mal will.
Wer nun dachte, es könne so meditativ weiter gehen, der merkte schon beim zweiten Stück: Das Spektrum der drei Musiker ist breit. Und die Nichtansagen freuen uns jedes Mal. „Hier ist es wie zu Hause und das ist zu Hause hier im Ochsen und wir freuen uns, dass wir zu Hause sind und etwas Klügeres fällt mir nicht ein.“ So ist das, wenn im Roten Ochsen was los ist.
Dadaschi – zwei Leben sind wie eins. Wiedergeborene Menschen erinnern sich an ihr ehemaliges Leben und befinden sich wegen der Erinnerung daran im Zwiespalt. Ein ernstes Stück. Aber dann: Underground Tango, Bregovicich. „ So ist das, die Stimmung geht erst runter, danach wieder rauf und dann ständig hin und her.“
OK, da weiß das Publikum, das wird spannend. Und es wurde spannend, auch wegen der verschiedenen Instrumente: Monocord – gespielt von Dörte Pommerin, Uwe Loda mit Jägerharfe, Ocean Drum, Sopransaxofon, Klarinette, Martina mit Akkordeon und Hang, Junior Fulgencio Medina als melodiöser Percussionist… wahrscheinlich habe ich jetzt was Wichtiges zu nennen vergessen?
Und die Stücke? Über jedes könnte ich mich lange auslassen (s.o.), aber jetzt nur so viel: Etwas Besinnliches, das zu tun hat mit „Weißer Raabe, schwarzes Lamm“ und dem Leben der Sinti und Roma, Valse Violette, Suenito, und so ging es weiter, mal träumerisch, mal lebhaft, mal heiter, ich könnte in Versuchung kommen, einen ganzen Sack voll Begeisterung auszuschütten, um ihnen gerecht zu werden. Manchmal war es schwer, ruhig sitzen zu bleiben, und tatsächlich hielt es einige Leute hinten im Saal beim mazedonischen Lied nicht auf ihren Plätzen … An dieser Stelle muss noch der NaBaKra genannt werden, den (so Martina) alle kennen und lieben und von dem sie ein Bestandteil sind.
Und wenn Martina mit ihren Nicht-Ansagen-Ansagen noch nicht alle Herzen gewonnen hatte (was unwahrscheinlich ist), brachte sie spätestens mit ihrem Liebeslied, ihrer rührenden Hymne an ihr neues, kleines, noch ganz junges Akkordeon, das sie liebevoll spielte und streichelte, und dem sie sanfte Worte zuflüsterte ihr Publikum zum Schmelzen. Begeisterter Applaus verlangte nach Zugaben – und wir bekamen sie.
Was stand auf dem Plakat, mit dem der Abend angekündigt wurde? „Ich weine, wenn du gehst. Doch wenn du weg bist, lass ich die Puppen tanzen und freue mich, wenn du wieder kommst“.
Alles klar. Wir freuen uns, wenn ihr wiederkommt.