Kerwe 2007: Skandalös!
von Hans-Jürgen Fuchs
Man ist ja Einiges gewöhnt von der Rohrbacher „Traditions”kerwe. Aber das, was diesmal geboten wurde, stellte doch alles in den Schatten ...
Skandal N°1: Das Wetter
... das zeitweise ohne strahlende Sonne daher kam. So bei der Eröffnung. Woraufhin der erste Vorsitzende des Stadtteilvereins, Bernd Frauenfeld, zu einer Wolkenwegpust-La-Ola-Aktion aufrief, der Rohrbacher Variante des Anti-Regen-Zaubers, offensichtlich mit gewissem Erfolg.
Wolkenwegpust-La-Ola
Skandal N°2: Die Redd
... gemeint ist die, die wo der Kerweborscht, seit 23 Jahren Gustav Knauber, zur jährlichen Kerweeröffnung hält und alles drumherum.
In der Regel hat man in Wahl-freien Jahren Gehör und Blick auf den Borscht, während einem in Wahljahren die Schar der politischen Honoratioren schon mal den Blick verstellt. 2007 war zwar kein Wahljahr, zu sehen war aber trotzdem eigentlich nix. Schwarze, rote und gelbe Bodyguards umringten den Vortragenden (die grünen fehlten wie meist), eifrig in alle Richtungen spähend, um ja keinen Schuss aus einer Kamera zu verpassen. Dahinter verschwand Gustav Knauber etwas. Zum Glück war der Ton bestens (danke Uli Pfefferkorn!).
Eher i m Hintergrund: Der Borscht ...
Die Redd selbst spiegelte ein eher Ereignis armes Jahr wieder. Gut, das darf auch mal sein. Wir brauchen nicht jedes Jahr eine neue Gasleitung. Der geneigte Zuhörer und die geneigte Zuhörerin erfuhren, dass die Rohrbacher „Bachewwer” heißen (sich im Bach suhlende Wildschweine), da sie sich früher im noch offenen Rohrbach als Badersatz gesuhlt hätten. Nun hat ja fast jeder ein Bad und ein Hallenbad gibt’s auch noch – was brauchen wir da noch einen offenen Rohrbach? Er wurde auf den wunderschönen Ortsporsche von Jürgen Ziegler hingewiesen mit dem Satz „Fällt en Bauer doud vum Traktor, steht in de Näh bschimmt en Reaktor!”. Und der Anmerkung, das gelte mit Sicherheit für Rohrbach nicht, da die vier Reaktoren zu weit weg seien. Sollte sich da Ironie in des Borscht Redd geschlichen haben? Hoffemermal!
Ein praktischer Porsche
Rohrbach Markt war wieder einmal Thema von Knauber. Dass er kein besonderer Freund der Umbaupläne ist, zeigten bereits die Redden der letzten Jahre. Diesmal verstieg er sich aber zu einer fast positiven Anmerkung: „Schlimmer, wie’s jetzt isch, kann’s nimmi werre.” Immerhin.
Bissig wurde Knauber wieder einmal bei seinem Kommentar zur Bebauung des Quartiers am Turm, das bei ihm immer noch „Furukawa” oder, was mir ja sehr sympathisch ist, „Fuchs-Waggon” heißt. „De Gfängnisbau” nennt er ein besonders schmuckes Gebäude, das seit einiger Zeit den Baurand an der Fabrikstraße schmückt und die Marketingstrategie des „Concerto grosso” konterkariert. Da waren feinsinnige Dialektiker am Werk. Oder Leute, denen es egal ist, wie ihr Werk von außen wirkt. In 40 Jahren sei das Gebäude weg, prophezeite Knauber, als Bausünde wegen Baufälligkeit abgerissen. Wir werden sehen, was er bei der Redd 2047 zu berichten weiß.
So weit, so gut wie immer. Vergallopiert hat sich Gustav Knauber mit seinen Anmerkungen zum Haus Hasenleiser Nr. 5. Mag ja sein, dass das Haus herunterkommt, mag also sein, dass Knaubers Kritik am Besitzer berechtigt ist ... Aber Bewohner, die, die „drin hocke”, pauschal als „Steierschmarotzer” zu bezeichnen und gar zu wünschen, der Brand dieser Tage im Parterre des Hauses hätte besser das ganze Haus zerstört, ist schlicht inakzeptabel.
Neurohrbacher Dr Gerner beim Singen des Rohrbach Heimatliedes
Skandal N°3: Die Schützen sind zu laut
Schluss mit dem Krach! In Kersche schießen die Schützen bereits mit Schalldämpfer. Nur hier hat das Publikum noch zu leiden, besonders das aus Rohrbachs liebstem Nachbarstadttteil.
Die Schützen schießen ...
... zu laut für Kerschemer.
Skandal N°4: Alle hauen daneben
Dass CDU-Politiker eine besondere Vorliebe für Holzhämmer haben, durften wir bereits letztes Jahr feststellen.Diesmal sorgte MdB Karl A. Lamers für Kurzweil beim Fassanstich. Allerdings waren drei Recken nötig, bis das begehrte Nass sprudelte – wenn auch nicht unbedingt dort, wo es sollte.
Skandal N°5: Die Albtraumboys machen sich naggisch
Der absolute Skandal: Naggische Männer auf der Bühne. Fast naggisch jedenfalls. Das gabs noch nie in Rohrbach: Eine Stretchlimousine bringt die Stars. Und keine Polizei kommt. Die Band spielt drei Stunden lang bis gegen halb zwölf. Und keine Polizei kommt. Und dann machen sie sich auch noch naggisch (fast jedenfalls). Und – richtig: Keine Polizei kommt! Sodom und Gomera in Rohrbach. Wo soll das noch hinführen.
Skandal N°6: Immer auf die punker
Das Positive zum Anfang: Martina Baumann und Uwe Loda (»martinique«) begleiteten dieses Mal den Kälblestanz. Oder besser, sie umkreisen ihn mit Akkordeon und Saxofon. Und mit schöner Musik, bei der man das Tanzen nicht dauernd umstellen musste, da alle Stücke Walzer waren. Glaube ich jedenfalls.
Skandalös allerdings war es, wie man uns punker-Tänzer behandelte! Und das obwohl wir den Kälbles-Tanz deutlich belebten. Sind wird doch mal ehrlich: Ohne uns punker gäb’s keine Rekordbeteiligung beim Kälbletanz! Gut, das Traumpaar Clauer (kommissarische Weinkönigin) und Gerner (amtierender Bürgermeister) war Paar Nr. 16 und damit „2006 plus eins”. Aber ohne punker wären es nur 14 Paare gewesen. Und?
Eben: „2007 minus eins”! Aber wird uns das gedankt? Mit Nichten und Neffen! Stattdessen ironische Seitenblicke beim Empfang und ein „nicht von punker zu punker weitergeben” des zweiten Kerweborschts Weirich nur weil wir ein Mal ...
Dabei haben wir letztes Jahr schon keinen Fresskorb gewonnen. Und hätten doch hungrige Mäuler zu stopfen. Eines zumindest.
Der Nabakra spielt ...
Frauenfeld und Gerner gefällts
Der Alleinunterhalter animierte ...
... Alt und Jung zum Tanz.
Skandal N°7: Frauen helfen mit bei der Schlumpelverbrennung
Die Schlumpelverbrennung war schon immer ein Skandal. Weshalb der punker ja auch immer wieder „Rettet die Schlumpel“ gefordert hat und eingehend die ideologischen und psychischen Hintergründe der Verbrennung aufgedeckt hat (Gudula Alice-Weiser: Abgründe des Männlichen ... ). Nun beteiligen sich auch Feuerwehrfrauen an der Aktion und führen damit unsere ungeheuer fundierte und verschnörkelte Theorie ad absurdum.
Skandal N°8: Mehr als 11 Monate keine Kerwe in Rohrbach
Der größte Skandal dieser Kerwe aber ist, dass sie zu Ende ist. Eine düstere Zeit steht uns bevor. Zum Glück gibt es die rorcultur und ein paar weitere Lichter in der Dunkelheit. Leuchttürme der Kultur in kerwefreien Zeiten.
Join the punker!