Partisanen überall!

Kerwe 2005

(9.9.2005)

von Hans-Jürgen Fuchs

Beginnen wir mit Bildern ...

Der Zug kommt wieder ...

... und der Kerweborscht ist abgelenkt

... und die Jugend auch ...

... und die noch jugender Jugend ...

... nur die Schützen stehen stramm ...

Stilgerecht: Kronleuchter im Festzelt

Und die Gourmettester sind immer im Dienst!

Zu später Stunde verschwimmen die Konturen ...

Fahren wir mit Gecshichten fort ...

Gleich mehrfach machten untergründige Gruppierungen bei der diesjährigen Kerwe von sich reden. Zuförderst natürlich die »Partisan Movement Revival Band«, die am Samstagabend für Tanz auf den Straßen sorgte. Das Publikum war begeistert und wünscht sich nur eines: Mehr davon im nächsten Jahr!

Wildes Treiben auf Rohrbachs Straßen

Dann waren da die Untergrundkämper des punker, die die baldige Freilegung des Rohrbach ankündigten. Eine Kerweguerilla-Aktion, die nach Aussagen gut informierter Kreise solche zog. Kreise nämlich. Und Kommentare, die von „bloß net“ bis „na endlich” reichten. Leider war die Aktion, wenn man das so sagen darf, getürkt.

Schließlich schlug die Kerweguerilla des punker noch ein weiteres Mal zu. Zur größten Überraschung zunächst unserer selbst, dann des Stadtteilvereins, beschlossen wir kurzfristig und unter dem Einfluss der einen oder anderen Kiste Rieslingsekt vom Dachsbuckel uns am „Kälblestanz” zu beteiligen. Der Stadtteilverein hatte allen Vereinen angeboten, dazu jeweils bis zu zwei Paare anzumelden. Was wir auch taten und prompt den ersten Preis in Form eines bereits verarbeiteten Kälbchens errangen. Wobei „errangen” natürlich nicht wörtlich gemeint ist, auch wenn Neider dem punker ungerechter Weise nachsagen, seine Tanzpaare hätten sich z.T. recht konsequent in den Besitz der Tanzstäbe gebracht.

Mit doppelter Schlagkraft zum Sieg!

Leider gab es wenig Fans unter den Schlachtenbummlern (chillten alle in Griechenland oderFrankreich ab)

Sinn der Sache ist es nämlich, zum einen zu tanzen, zum anderen einen der drei umlaufenden Kälblestanzstöcke im richtigen Moment in Händen zu halten. Dann nämlich, wenn ein Salutschuss das Ganze beendet. Die drei Kälblestanzstockträgerpaare erhalten dann einen Preis, der rohrbachtypisch aus Wein und Woscht besteht.

 

Den Blick immer auf den Kälblestanzstab gerichtet

15 Tanzpaare gab es diesmal, absoluter Rekord in den letzten Jahren. Da schlägt wohl die Rezession voll durch. Wer erinnert sich nicht an den 9-fach Oscar nominierten Film von 1969 „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss” mit Jane Fonda u.a., bei dem sich im Amerika zur Zeit der Weltwirtschaftskrise die unterschiedlichsten Glücksritter treffen, um eine 1.500 Dollar Siegprämie zu ertanzen. Nur das Paar gewinnt, das am Ende noch auf den Beinen stehen kann. Unter der Moderation des zynischen Rocky versuchen sie alle verzweifelt im Rennen zu bleiben. 50 Tage vergehen ...

Nun, auch wenn die Parallelen offensichtlich sind, dauerte der „Kälblestanz” doch nur zwei Lieder, die Siegesprämie war niedriger, reichte aber doch für eine angenehme Grundlage für den Montagabendkerweabschlussvorbereitungsumtrunk.

Vier Tänzer/innen und einiger Mitesser/innen

Auch sonst bot die Kerwe wie immer einiges, nicht zuletzt natürlich die Begrüßung der Ehren- und sonstigen Gäste zur Kerweeröffnung und die gefürchtete Kerweredd von Gustav Knauber.

In seinen kurzen Eröffnungsworten begrüßte der 1. Vorsitzende des Stadtteilvereins Bernd Frauenfeld die Gäste, vor allem die der politischen Prominenz, die sich angesichts der anstehenden Bundestagswahl rechts, links und im Zweifelsfall auch vor dem Rednerpult aufhielt. Auffällig: rotgrüne Politiker sind im Durchschnitt ziemlich mager. Das kommt wohl vom vielen Gürtel-enger-Schnallen. Wenn die anderen die Wahl gewinnen wird das ihrer Gesundheit sicher auch gut tun. General Niebel ist ja schon mal vorgeprescht.

Doch zurück zur Kerwe. Bernd Frauenfeld nutzt die Gelegenheit in der Regel um deutliche Worte für Rohrbacher Probleme zu finden. So auch diesmal, wobei die Stadt gut wegkam, denn alte Streitfelder wie der Umbau am Rohrbach Markt sind endlich vom Tisch. Zudem war der neue Sozial- und Kulturbürgermeister Dr. Joachim Gerner zu einem Grußwort gekommen und hatte als Neu-Rohrbacher auch gleich einen Aufnahmeantrag für den Stadtteilverein unterschrieben.

Zeigt wo's langgeht: Bernd Frauenfeld

Ins Visier Frauenfeld kam einmal mehr die Erdgasleitung und neu der geplante Teilausverkauf der evangelischen Liegenschaften in Rohrbach mit seinen möglichen Folgen für den Rohrbacher Kern.

Berühmt-berüchtigt: Gustav Knaubers Kerweredd

Auf Frauenfeld und das Grußwort des Sozial- und Kulturbürgermeisters folgte die traditionelle „Kerwe-Redd” des Kerweborscht Gustav Knauber. Wie üblich widmete er seine Verse dem Rohrbacher Leben der letzten Jahreszeit „vor der Kerwe”. Und auch hier standen Gasleitung („Wann’s losgeht zeije mir die Kralle un gehne uff die Barrikade ...) und der „Kerscheschtreit” am Anfang.

De Wind art langsam zum Wirwelschturm aus,
erregt die Gemiider, die bisher sou brave.
S Keerscheamt will ihr Filetschticks verkaafe
am Berg drowwe s Haus mit Gemeindesaal
samt Kmnergaade im Wuhn-Areal
un dozu, des werd ims Chrischte zur Qual,
noch s ganze Gemeindezentrum im Dal,
domit mer im Haseleiser dann
e neies Zentrum errischde kann.
S alt Heilische Haus will mer noch saniere.
Des muss zumme neie Schuldeberg fihre!
Mir abbeliere an Herz un Vernunft
un an d evangelisch Keerschezunft,
die Planimge grindlisch zu iwwerdenke,
sunscht bleibt am End Hohn im Spott an uns henke!

Aufmunternde Worte fand Knauber für den Umbau am Rohrbach Markt.

Zwaadausendsechs (2006), sou heert ma saare,
käm de Umbau Markt zum Draare.
Geld war do fer des Projekt.
Doch ob‘s am End aa jedem schmeckt,
des sieht mer erscht, wann umgebaut,
wuvor‘s uns awwer heit schun graut.
Mer kriggt den Marktplatz net m d Reih!
Er war nix, isch nix un werd aa nix sei!

Für den Weggang der Gregor-Mendel-Realschule und die Verwendung der dann frei werdenden Räume forderte Gustav Knauber:

Mir leje Wert druff, dass mer uns sescht,
was mer aus freie Schuiraim mescht,
sin indressiert draa, frih zu erfahre,
dass mer die Raim fer Gruppe bewahre,
die fers Kuldurlewe wischdisch sin.
Fer d Stadt un Rohrbach wär‘s en Gewinn.

Die Kerwe 2005 endete wie jede: Mit der Verbrennung der Kerwe-Kättl. Vielleicht war’s ja auch die Kettl oder Käthl. Wer weiß. Spielt aber auch keine Rolle, denn wie sagte Knauber so schön:

Dät jeder in Mundart verfasse sei Sache,
dann keend er beim Schreiwe kaa Fehler mache.

Es sei denn, er läge bei der Mundart ein paar Kilometer daneben. Doch zurück zum Kerweabschluss. Da wurde wieder geweint, dass selbst Markenpapiertaschentücher hoffnungslos überfordert waren.

Am Dienstag begann dann die Zeit vor der Kerwe ...