Somewhere between Reeperbahn und Fürstenfeld
Rohrbacher Kerwe 2001
von Hans-Jürgen Fuchs
Die Redd
"Nicht schwätze, schaffe!” hatte Bernd Frauenfeld bei seiner Wiederwahl zum ersten Vorsitzenden des Stadtteilvereines als Devise ausgegeben. Aber einmal im Jahr steht dann doch das "Schwätze" im Vordergrund – oder besser: Die Redd, nämlich die Kerweredd vum Kerweborschd Gustav Knauber. Die ist immer wieder ein Highlight und läßt uns erschreckt innehalten, da 1. schon wieder ein Jahr vergangen ist und 2. Jede Menge passiert ist, von dem wir gar nichts mitbekommen haben. Die Kerweredd ist immer so, dass fast jeder seinen Senf abbekommt, selbiger aber keinem auf Dauer im Halse stecken bleibt. Allerdings war es dieser jahr eher Löwensenf, der verteilt wurde.
Das begann schon bei der Replik von Bernd Frauenfeld auf die Grußworte der Stadt Heidelberg, die der 1. Bürgermeister Raban von der Malsburg überbrachte. Dieser hatte sich nur das Notwendigste abgerungen, die Weinkönigin Larissa Winter als "königliche Hoheit" begrüßt, das schöne Wetter erwähnt und einen guten Kerweverlauf gewünscht. Bernd Frauenfeld bedauerte daraufhin, dass es Raban von der Malsburg geschickt verstanden habe, "die Brennpunkte zu umgehen". Und er forderte: "Ziehen Sie uns zu Anfang zu Rate und nicht erst am Ende, dann sind Sie wie heute auch in Zukunft in Rohrbach gerne gesehen.
Des einen Freud, des anderen Leid...
Gustav Knaubers nahm danach auch kein Blatt vor den Mund. Heimatmuseum, Die Metzger-Flaute in diesem Sommer, der Ärger in der Evangelischen Gemeinde, die offensichtlich noch immer nicht völlig gebannte Gefahr für die Platanen im Friedhof, Feuerwehrfest, Seniorenzentrum und Fanfarenzug waren natürlich Themen. Und natürlich Städtebau und Verkehr. Das Eichendorffforum: "Haiser wie en Hasestall” (für "Zugezorrene": Häuser wie...), die Kreisverkehre im Hasenleiser: "Geld isch scheins do fer dumme Bosse" ” (für "Zugezorrene": Bosse = dummes Zeug), 30-km-Zonen, die Knauber gerne reduziert hätte: "deed ... a uns Mensche gut" (für "Zugezorrene": würde auch uns Menschen gut tun..., es sei denn, mer käme unner die Redder, Herr Knauber), Rohrbach-Markt: "isch un bleib e Mißgeburt" – Knauber forderte endlich einen Tunnel zu verwirklichen, die Poller in der Hauptstraße: "Enger isch‘s jetzt durch die Dinger, doch isch d’Unfallgfahr geringer".
Ja und zum Schluss, unvermeidlich, Furukawa: "E schlimmes Thema". "Jetzt hemmer was, wu kanns begreift... Mer hot uns, was mer jetzt erscht spiirt, bedräschtlisch an der Nas rum gfihrt ... Der Plan isch durch – desch isch en Witz! Un wird sou, wie geplant, gebaut, ischs Areal verhunzt, versaut." Raban von der Malsburgs Mimik sah man an, dass er offensichtlich Kurpfälzerisch versteht.
Und auch "die Bardeie" bakamen ihr Fett weg. Besonders die SPD, die "Rohrbach schändlich links gelinkt" habe. Dank für "all denne, wu’s annerscht hewwe hawwe wolle" (für "Zugezorrene": ..., die es gerne hätten anders haben wollen).
Und zum Abschluss dann wie bereits im Zusammenhang mit dem Eichendorffforum: Die Sickingenbrücke als Heilmittel gegen den vorhergesehenen Verkehrskollaps im Rohrbacher Westen: "Baut endlisch die Sickinger Brick, zu Rohrbachs Wohl, zu Rohrbachs Glick! Sou losse mer uns net mehr vergeije. Die nägschde Wahle werre’s zeije!!!"
Fragt sich nur: was? Im Franzosengewann und im Eichendorffforum leben ja auch Wählende...
Abrüstung beim amerikanischen Bürgermeister...
Der Alptraum
Abends dann, nicht 20.00 Uhr wie angekündigt, sondern erst nach dem "schmählichen Untergang" der Deutsche Fussballer gegen England folgte die im Programm angekündigte Überraschung auf der Kerwe: der Auftritt der "Rohrbacher Alptraum Boys", auch als "Wilde Keiler" bekannt.
Diese standen zunächst im bayrischen Outfit auf der Bühne. Was, verbunden mit dem dabei vorgetragenen Liedgut schon befürchten ließ, die Jungs würden Ihrem Namen alle Ehre machen. Denn wie es sich für echte Kurpfälzer gehört, wollten sie auf Bayrisch "zurück nach Fürstenfeld" und dann weiter in Richtung Ballermann: "Eviva Espagna" und "La Noche - la Fiesta - l´amore".
Dann aber wechselte das outfit - und das Liedgut, das nun "nachts um halb eins" die Reeperbahn streifte allerdings ohne dabei "satisfaction" zu erreichen. Nun standen schwarz-lederne Männer auf der Bühne mit dunklen Brillen, und man kam sich vor wie bei einer Verpartner-schaftung harter Jungs. Beim Auftritt "Tina Turners" schließlich verschlug es nicht nur den Männern den Atem, weniger jedoch die Stimme. Und die Stimmung ging hoch, wie noch nie auf der Rohrbacher Kerwe.
Wie sagte doch Bernd Frauenfeld nach dem Auftritt? "Das wird im nächsten Jahr schwer zu toppen sein!" Recht hat er: Solche "Albträume" hätten wir gerne öfter!
Kälbles-Tanz in Zeiten von BSE: Kein Kalb für die Sieger!