Geister aus der Flasche fordern Freiheit:

Mannheimer Band mit Irish und American Folk im Roten Ochsen

Bericht: Gertrud Genvo / Fotos: Raabe Hackbusch

„Das wäre eingedost.“ So was kann man sagen. „Eingeflascht“ nicht. „Auf Flaschen gezogen“ trifft’s nicht. Wie auch immer: Wenn’s bei den „Bottled Spirits“ ans Eingemachte geht, kommt nicht nur ein Geist aus der transatlantischen Flaschenpost, es sind viele. Zuerst zaghaft, wird ihr Auftritt kraftvoll und mitreißend. So erlebte das Publikum am Freitag die Mannheimer „The Bottled Spirits Band“ im Rohrbacher Roten Ochsen. Dazu eingeladen hatte der Punker, der sich damit wieder einmal als Kulturverein outete.

Ältere aus der (durchaus altersgemischten) Zuhörerschaft schwelgten in nostalgischen Erinnerungen. In den 70ern gehörte „Elster Silberflug“ mit „deutsch folk“ zum Flair der Heidelberger Hauptstraße. Urlaubserlebnisse in irischen Pubs erweckten das Interesse am deutschen Volkslied zu völlig neuem Leben.

In Irland wurzelt auch der Folk der „Bottled Spirits“. Bestes Beispiel dafür waren die gefühlvollen Balladen der jungen deutsch-irischen Sängerin Clara Shamlou. Dass sie vorab den Inhalt der sehnsuchtsvollen Liebeslieder oder schaurig-schönen Mordgeschichten verdeutlichte, erleichterte das Verständnis für soviel Traurigkeit ohne Happy End. Oder ist es doch ein glücklicher Ausgang, wenn die Angebetete trotz aller Geschenke des vermeintlichen Bräutigams am Hochzeitstag nicht zur Verfügung steht, weil sie ihrem armen Liebsten die Treue hält?

 

Vieles war bekannt, „Whiskey before Breakfast“ zum Beispiel, „Blackberry Blossom“ oder „The Foggy Dew“. Was ans Irische erinnerte, konnte auch aus deutscher Feder stammen, aus Schottland, Skandinavien, Frankreich oder Bulgarien. Eindeutig einheimisch war der derbe Humor von „Es wollt’ ein Bauer früh aufstehn“.

Als irisch-überseeische Provinz gilt der Band der Kontinent jenseits des Atlantiks. Das Erbe der Auswanderer lebt weiter in der Bluegrass-Musik, zum Beispiel im „Jerusalem Ridge“ von Bill Monroe. Das gilt auch für den „Flat bush waltz“ von Andy Stepman, in dem Klezmer jüdischer Tradition nachklingt.

Vorgetragen wurde das abwechslungsreiche Programm von Musikern aus unterschiedlichen Generationen. Zu den alten Hasen gehörten Wolfgang Buchholtz (Geige) als Bandleader und der Sizilianer Toti Lanzalaco, zuständig für Percussion vor allem auf der Conga, unter Einbezug des Publikums aber auch mit Hilfe von Klatschen und einem Becherspiel, das an den durstigen Zwerg Perkeo erinnern sollte. Viel Beifall gab’s ebenso für Daniel Draxler (Banjo, Mandoline), Ulla Goss (Flöte und Geige) und Andreas Knapp (Akkordeon, Mundharmonika und Gesang).

Das begeisterte Publikum ließ die Band natürlich nicht ohne Zugaben ziehen. Die Rohrbacher können sich glücklich schätzen, für Musikgenuss und Unterhaltung auf hohem Niveau nicht unbedingt weite Wege zurücklegen zu müssen. Der „Rote Ochsen“ bietet zudem ja nicht nur Raum für die Kunst, sondern auch für Begegnung, zum Beispiel beim gemütlichen Essen, bevor das Programm beginnt.