Konzentration oder Ausverkauf?
von Hans-Jürgen Fuchs
Die evangelische Kirchengemeinde diskutiert über ihre Zukunft
Ziemlich voll war die Melanchthonkirche bei einer Gemeindeversammlung dieser Tage. Kein Wunder. War doch am Vortag Pfarrer Anzinger in einem berührenden Gottesdienst verabschiedet worden. Und Punkt 1 der Tagesordnung versprach Aufklärung über die Neubesetzung der Stelle.
Dekan Bauer wiederholte seine Aussage vom Vortag, die Evangelische Kirche habe sich bei Anzinger zu entschuldigen. Mit der Aufgabe, lange Zeit Rohrbach-Ost und die Südstadt zu betreuen, habe sie ihre Fürsorgepflicht gegenüber Anzinger verletzt. Die Gewichte in Rohrbach seien dadurch „strukturell stark verändert worden”.
Dass das nicht nur Pfarrer Anzinger das Leben schwer machte, sondern auch die Gemeinde insgesamt belastete, erwähnte Bauer nicht. Wie er auch nicht direkt auf eine Unterschriftensammlung einging, mit der der Vorsitzende des Liederkranz, Hans Eger, eine Gemeindeversammlung hatte einberufen lassen wollen, in der über die Stimmung in der Gemeinde und die Veröffentlichungen im punker und in der RNZ hätte diskutiert werden sollen.
Zur Besetzung der Pfarrerstelle konnte Bauer wenig sagen. Beide Stellen, die in Rohrbach-West und die in -Ost werden erhalten bleiben. Mittelfristig, „ab in fünf Jahren”, bestehe jedoch die Gefahr, dass es Kürzungen geben müsse. Für die ausgeschriebene Stelle gibt es bisher nur eine Bewerbung. Eigentlich erstaunlich, ist Rohrbach doch ein attraktiver Ort und leidet auch die evangelische Kirche nicht am Priestermangel.
Von einem anderen Mangel war jedoch immer wieder die Rede: Auch der evangelischen Kirche schwinden die Mitglieder - und damit die Einnahmen. In den letzten 12 Jahren haben die Heidelberger Gemeinden lat Bauer 12% ihrer Mitglieder verloren. Die Folge: Es muss massiv gespart werden und die Kirche muss sich von vielen Immobilien trennen, da deren Unterhalt nicht mehr finanzierbar ist. Das Motto der Stunde lautet „Konzentration” auf weniger Orte.
Das was Bauer vorschlug ließ die Emotionen hochkochen. Die Kirche soll sich von einem großen Teil ihres Geländes und Gebäudebestands an der Melachtonkrirche trennen, u.a. vom jetzigen Kindergarten und Gemeindezentrum, und dafür das seit langem leer stehende sogenannte „Filusch-Haus” direkt neben der Kirche kaufen und renovieren. Hier würden dann der Kindergarten und ein kleines Gemeindezentrum ihren Platz finden. Das ganze bedürfe der Zustimmung des Ältestenkreises Ost, der sich wiederum über die aktuelle Gemeindeversammlung die Meinung der Gemeindemitglieder einholen könne. Realisiert werden solle das Projekt noch 2006, denn die Zustände in den Kindergärten seien nicht mehr akzeptabel. Auf dem verkauften Gelände (ca. 2.000 qm) könnten Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und eine Tiefgarage entstehen.
Das sogenannte „Filusch-Haus”
In der anschließenden Diskussion ging es hoch her. Einwände gegen den Vorschlag des Bauausschusses der Stadtsynode kamen von allen Seiten: Man könne doch nicht das Tafelsilber verkaufen, der Verkauf bedeute einen massiven Einschnitt in das Stadtbild Alt-Rohrbachs, das möglicherweise verschandelt würde, die Entscheidung sein nicht möglich, da schlecht vorbereitet ... So fehle es z.B. an näheren Angaben zu den wahrscheinlichen Einnahmen durch den Verkauf und den Kosten für die Renovierung des Filusch-Gebäudes. Dieses sei extrem „marode”, hieß es. Bauer musste zugestehen, dass bisher keine Zustandserfassung nach DIN erfolgt sei. Und auch zu den Kosten und Erträgen wollte oder konnte er sich nicht äußern.
Stehen hier bald Reihenhäuser oder eine Tiefgarage?
Kritik wurde aber auch grundsätzlich geäußert. Die Einladung zur Gemeindeversammlung habe den massiven Eingriff in die Struktur der Gemeinde nicht benannt. Dort war nur vage von „geplanten Umbaumaßnahmen (vor allem Kindergärten in Rohrbach-Ost)” die Rede. Damit sei die Versammlung eigentlich nicht legitimiert, eine Entscheidung zu fällen.
Letztlich musste Bauer weitere Infos und eine weitere Versammlung zusagen, was die Zeitplanung ins Rutschen bringen dürfte.
... geplante Umbaumaßnahmen ...
Um dieses Gelände geht es (19=Melanchthonkirche)
Keine Zeitplanung gab es für ein weiteres Projekt, das Bauer vorstellte. Auch bei dieser „Ideenskizze” geht es letztendlich um den Verkauf eines großen Geländes, diesmal in Rohrbach-West. Bauer schlug vor, Gemeindezentrum und Kindergarten in der Heinrich-Fuchs-Straße/Lindenweg zu verkaufen und dafür in der Baden-Bade