retro 2003: Ein Jahr voller Überraschungen

der punker-Jahresrückblick

(2.1.2004)

Von Hans-Jürgen Fuchs

Und schon wieder ein Jahresrückblick. Können wir was dafür, dass schon wieder ein Jahr vorbei ist? Und das so viel passierte, dass es sich die Retrospektive lohnt?
Denn es war einiges los in und um Rohrbach in den vergangenen 12 Monaten. Und der »punker« hat ein bisschen dazu beigetragen. Deshalb sei es und gestattet, einen Jahresrückblick aus »punker«-Sicht zu schreiben und ihn auch mit einer »punker«-Veranstaltung zu beginnen:

Am Vorabend des Krieges: »Licht in der Dunkelheit«

Der Einstieg ins kulturelle Rohrbach-Jahr ist für viele das »punker«-Konzert »Licht in der Dunkelheit«. Anfang Februar 2003 gaben Martina Baumann und Uwe Loda zum 2. Mal ein Benefiz-Konzert in der Melanchthon-Kirche. Diesmal hieß »Licht in der Dunkelheit« auch: Hoffnung auf Frieden im Vorfeld des Krieges im Irak. Eine Hoffnung, die sich leider nicht erfüllen sollte...

Zäune, Demos und ein Nachspiel für eine Studentin

Denn der Krieg kam und seine Auswirkungen zeigten sich auch im Heidelberger Süden. Schwer bewaffnete Soldaten patrouillierten durch Südstadt und Rohrbach. Und die Amerikaner begannen sich einzuzäunen. Ein Absurdum zierte kurzzeitig die Kirschgartenstraße: Ein Spielplatz wurde über Nacht zum militärischem Sperrgebiet erklärt. "Wenn deutsche Kinder nun auf dem Spielplatz spielen, werden die dann gleich erschossen? Oder erst nach Guantanamo gebracht?" fragte sich der ehemalige Südstadtkorrespondent des »punker«, der beim Fotografieren von deutschen Polizeibeamten kontrolliert und darauf hingewiesen worden war, dass das "eine sehr sensible Sache in den Augen der Amerikaner" wäre.

Sensibel sind sie schon, die Freunde und Besatzer. Allerdings weniger im Umgang mit denen, die nicht mit ihnen sind. Das musste eine Studentin erfahren, die im Frühjahr gegen den Irakkrieg demonstriert hatte. Wie hunderte anderer Menschen war sie vor das Hauptquartier gezogen und hatte gegen die Politik des Ölindustrie-Sprösslings George W. protestiert.
Wie die Neue Rundschau und www.stadtpolitik-heidelberg.de berichteten (der RNZ war das offensichtlich keine Meldung wert) war Iris L., die Studentin, auf dem Heimweg mit dem Fahrrad in der Rohrbacher Straße von der US-Militärpolizei überholt, an eine Hauswand gedrängt und vom Fahrrad gezerrt worden. Die Arme wurden ihr auf den Rücken gedreht und mit Kabelbindern aus Plastik gefesselt. Die hinzu gekommenen deutschen Polizeibeamten schilderten Iris L. als "ruhig und nicht aggressiv", sie habe keinen Widerstand geleistet, sich ausgewiesen und kooperativ verhalten. Ein Grund zur Festnahme sei nicht feststellbar gewesen. Die Plastikfessel, so ein BGS-Beamter, war "extrem fest gezogen", hatte das Handgelenk "stark eingeschnitten und das Blut abgedrückt". Als Wiedergutmachung für den Angriff erhielt Iris L. vom Amtsgericht Heidelberg einen Strafbefehl wegen "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzlicher Körperverletzung" in Höhe von 1.400 Euro. Erst in der Revisionsverhandlung im November wurde das Verfahren eingestellt. Die interessierten Zuhörerrinnen erfuhren, dass US-Soldaten deutsche Bürger, die sich gegen Angriffskriege wenden, gefilmt, fotografiert, beschattet und bis vor die eigene Wohnung verfolgten hatten...
Irgendwie hatten wir uns Freundschaft anders vorgestellt. Auch die trans-atlantische.

Schluss mit dem Gebabbel: Jahreshauptversammlung des Stadtteilvereines

Im März 2003 versammelte sich wieder der Rohrbacher Stadtteilvereins im Saal des Roten Ochsen zur seiner Jahreshauptversammlung. Höhepunkt des Abends war wie immer der Jahresbericht des 1. Vorsitzenden. Auch eine Rückschau, auf das, was die Rohrbacher/innen im abgelaufenen Jahr bewegte: Furukawa, Wochenmarkt, Rohrbach Markt. Es waren deutliche Worte zu hören. "Verkehr kann man lenken!", schrieb Frauenfeld manchem ins Stammbuch. Heftig wurde er, als es um die Behandlung des Themas Umbau des Rohrbach Markt im Bezirksbeirat ging. "Da haben Leute, die ich in Rohrbach noch nie bei einer Veranstaltung gesehen habe, es allen Ernstes geschafft, dass der Bezirksbeirat keinen Antrag stellen konnte, dass das Konzept vorrangig behandelt wird." Unter dem Applaus der Anwesenden forderte Frauenfeld, endlich "mit dem Gebabbel" aufzuhören und etwas für Rohrbach zu tun.
Mag sein, dass die deutlichen Worte ein Grund mit dafür waren, dass der Bezirksbeirat in seiner letzten Sitzung des Jahres 2003 doch noch einstimmig forderte, Planungsmittel für den Umbau des Rohrbach Markt in den Haushalt 2004 einzustellen.

Jüdisches Leben in Rohrbach: Eine Führung des »punker«

Ein große Menge alter und neuer Rohrbacher/innen und Geschichtsinteressierte aus ganz Heidelberg kamen zur »punker«-Aktion des Jahres, der-Führung "Jüdisches Leben in Rohrbach" im März 2003. In der Heidelberger Altstadt hatte es in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Führungen zum Thema "Jüdisches Leben" gegeben, nicht aber in Rohrbach. Ähnlich sah es bei Veröffentlichungen zum Thema aus. Das mag mit daran gelegen haben, dass Rohrbach bis 1927 selbständig war und auch danach noch für viele Heidelberg am Bergfriedhof endet.

Eine Arbeitsgruppe des »punker« unter Leitung von Ursula Röper und Claudia Rink nahm sich der Lücke an und forschte nach. Dabei stellte sich heraus, dass wir nicht die ersten waren. Es gab Hilfe und grundlegende Informationen von Brigitte Kettner, die schon seit Jahren Dokumente aus Archiven zusammenträgt und Zeitzeugen befragt hat. Auch das Rohrbacher Heimatmuseum hat uns tatkräftig unterstützt, nicht zu vergessen die vielen alten Rohrbacher/innen, die uns an ihren Erinnerungen teilhaben ließen. Eine Veröffentlichung im Jahrbuch des Heidelberger Geschichtsvereins ist gerade erschienen.

Stadtteilfrühstück 2003:
Gute Stimmung, beste Musik und ein kühles Bad

Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich auch im Juni 2003 wieder jede Menge Menschen zum 2. Allgemeinen Stadtteilfrühstück. Neben einer großen Auswahl kulinarischer Genüsse wurde den Anwesenden spontan beste Musik von "Schöner Tag noch" dargebracht. Und eine Tanzperformance, die die Tänzerinnen zu einem Bad im Rohrbacher Brunnen nutzen. Dieses war Bestandteil der Performance und ist leider angesichts der ungeheuren Wassermengen, die im Brunnen umgewälzt nicht zur Nachahmung empfohlen. Der heiße Sommer änderte nämlich nichts daran, dass der Rohrbacher Brunnen vor dem Rathaus nicht mehr als einen Tropfen in 30 Sekunden von sich gibt. Und das obwohl er direkt auf dem zugebuddelten Rohrbach steht. Aber in Zeiten der allgemeine Sparzwänge dürfte auch ein Projekt "Lasset das Brünnlein fließen!" zum Scheitern verurteilt sein. Und der Brunnen ein Brackwasserreservoir mit Joe’s-Pizza-Verpackungs-Einsprengseln bleiben...

Konzert im Park: Ai Petri

»der punker« und die Thoraxklinik in Heidelberg-Rohrbach luden im Juli ein zum Benefizkonzert mit der Ukrainischen Musikgruppe »Ai Petri«. Die Musiker, Mitglieder des Musiktheaters in Simferopol, traten zum siebten Mal die Reise in die Rhein-Neckar-Region an. Sie spietlen Volksweisen und Lieder aus ihrer Heimat und wurden von einer Solistin und einer jungen Tänzerin begleitet. Ca. 250 Besucher/innen waren begeistert, nicht nur von den Volksliedern, sondern auch von den jazzigen Zugaben - und von dem herrlichen Ambiente im Park der "Thorax".

Oben MIV unten ÖPNV: Die Bürgerbrücke ist wieder offen

Am 26.5.2003 wurde die neue Bürgerbrücke zwischen Rohrbach und Kirchheim wieder eröffnet. Sehr zur Freude der Autofahrenden, nicht unbedingt zu der der Anwohner/innen. Direkt unter der Brücke entsteht die neue S-Bahn-Haltestelle des Bahnhofs Kirchheim/Rohrbach. Das tröstet ein bisschen über den Verlust der wunderschönen Stahlkonstruktion der alten Brücke hinweg.

Geschichte: Die alte Bürgerbrücke

Wer bremst verliert: In der Rathausstraße und überall

Unter dem Motto. "Wer bremst verliert!" zierte im Juli für einige Wochen eine Mess- und Anzeigetafel die Rathausstraße: Ein Anreiz für die Jugend, sich zu Fahrrad, Skateboard oder Joggingschuh am sportlichen Wettkampf zu beteiligen: Wer ist der (oder die) Schnellste in Ort?
Für die Autofahrenden ein oft verblüffendes Signal. Man glaubt gar nicht, wie langsam man fahren muss um langsam genug zu fahren. Wir wünschen uns die Tafel immer mal wieder in der Rathausstraße. Und vielleicht auch mal in der Freiburger Straße oder der Sickingenstraße.

Der Markt lebt: Rohrbach hat Heidelbergs buntesten und lautesten Wochenmarkt

Rohrbach hat vielleicht den kleinsten, aber bestimmt den lautesten und buntesten Wochenmarkt Heidelbergs. Dafür sorgte (mal wieder) der »punker« mit der Nachbarschaftskapellenkrachcombo und dem berühmten Clownetten-Trio Pünktchen, Rübe und Dodo.

Leider sind Clownetten und »punker« nicht ausreichend. Denn die Stände leben von Kauflustigen. Zwei Standbetreiber sind schon abgesprungen. Es wäre schön, wenn andere Rohrbacher Organisationen im nächsten Jahr durch ähnliche Aktionen ebenfalls einen Anstoß geben würden, den Wochenmarkt zu erhalten. Denn viele bestätigen es: Rohrbach ist durch den Markt lebendiger geworden. Und davon profitieren auch die anderen Gewerbetreibenden.

Schleichverkehr aller Orten: Ein Verkehrskonzept für Rohrbach

"Analyse und Bestandsaufnahme" war das Thema des 1. Abends der Veranstaltungsreihe der Stadt Heidelberg zur Erarbeitung eines Verkehrskonzept für Rohrbach im Mai. Eigentlich hätte man sich den Abend ja sparen können. Hätte man sich die Mühe gemacht in den Stadtteilrahmenplan von 1997 zu sehen, hätte man alles finden können, was Rohrbach verkehrsmäßig bedrückt. Nehmen wir z.B. das ausgiebig diskutierte Beispiel "Rohrbach Markt". Darüber finden wir im Resümee des Stadtteilrahmenplanes als "besonders hoch gewichtete Maßnahme" folgendes:

"Ein zentrales Thema in beiden Workshops war die Verbesserung der Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Benutzerinnen und Benutzer des ÖPNV‘s im Bereich Rohrbach-Markt. In jeder Arbeitsgruppe in Workshop I und II wurden Maßnahmen entwickelt, die bessere Querungsmöglichkeitenüber die B 3 im allgemeinen und den Rohrbach Markt im besonderen sowie eine Erhöhung der Verkehrssicherheit fordern. Auch eine Tunnellösung im Bereich Rohrbach-Markt wurde in diesem Zusammenhang diskutiert.
Die erwünschten Gestaltungsmaßnahmen im Bereich Rohrbach-Markt sollen insbesondere die Aufenthaltsqualität in diesem hoch frequentierten Bereich verbessern.
Diese wie auch viele andere Maßnahmenvorschläge verdeutlichen, daß für die Rohrbacherinnen und Rohrbacher eines der wichtigsten Ziele die stärkere Integration der Quartiere westlich und östlich der B 3 ist."

Auch der Bezirksbeirat fragte in den letzten Jahren immer wieder z.B. nach der Umprogrammierung der Ampelschaltung am Rohrbach Markt – und wird Jahr um Jahr (!) vertröstet.
Warum also nun noch einmal diese Bürgerbeteiligung? Sehen wir es positiv: Die Analyse wird aktualisiert und dann geht es sofort an die Umsetzung.

Also zurück zur Analyse. Herr Huge vom Stadtplanungsamt bediente dabei sich einer völlig neuartigen Moderationsmethode. Sie bestand darin, dass per Beamer Ziele vorgeschlagen wurden ("Durchgangverkehr reduzieren") und die Anwesenden diese durch Zuruf gewichten konnten. Dabei war eine Skala von 1-10 vorgegeben. Und wer als erstes und am lautesten rief, setzte Maßstäbe. Nun denn, wer sich nicht traute war selber schuld. So entstand letztlich ein Bild, bei dem jede Bewertung unter 8 sowieso "völlig irrelevant" bedeutete.
Nach Meinung der Anwesenden ist wenig zu verbessern bei: "Erreichbarkeit der Wohnquartiere", "Parkraum schaffen", "Erreichbarkeit der Infrastruktur und der Arbeitsplätze" (liegt vielleicht daran, dass auch der Gewerbeverein eher abwesend war), "Abstellplätze für Fahrräder" (da war die stark vertretene Radlerfraktion gerade mal abgelenkt) und die "Haltestellenausstattung" und "Taktdichte" der HSB (nach der Haltestellengestaltung wurde nicht gefragt).

Nach dieser eher unterhaltsamen Sequenz ging es, für den Rest des Abend in der ersten und in der gesamten zweiten Sitzung, ans Eingemachte. Die Problemzonen des Stadtteils wurden durchgegangen. Und derer gibt es viele: Rohrbach Markt, Freiburger Straße und Furukawa-Umfeld standen wieder genauso im Mittelpunkt wie der Schleichverkehr in der Leimer Straße.
Überhaupt: Schleichverkehr. Das war das Wort des Jahres. Es gibt in Rohrbach offenbar nur zwei Arten von Verkehr: Den selbst produzierten ("guten") Verkehr und den Schleichverkehr. Selbiger wird durch andere verursacht und ist natürlich schlecht.

Sprachlos vor Zorn: Aus für die IGH-Bücherei

Das Negativereignis des Jahres 2003 für Rohrbach war die Schließung der Zweigstelle der Stadtbücherei in der IGH. Noch 2002 war deren 25. Jubiläum mit großen Lobesworten u.a. der Oberbürgermeisterin gefeiert worden. Ende Juni erfuhr nun das ungläubige Publikum eher zufällig, dass die Stadt die Schließung beabsichtigte. Und zwar nicht irgendwann und nach öffentlichen Diskussion. Eigentlich hätte man ja im Bezirksbeirat darüber reden sollen. Dieser ist nämlich "zu wichtigen Angelegenheiten, die den Stadtteil betreffen zu hören". So steht es jedenfalls in seiner Geschäftsordnung. Doch Stadtverwaltung und Gemeinderat handelten ohne lästige Diskussionen. Der Vorschlag wurde in einer Gemeinderatsitzung am letzten Tag vor den Sommerferien behandelt. Im Stadtteil wurden eilig Protestnoten formuliert. So sammelte die "Kooperation Rohrbacher Kindergärten", die normalerweise dazu dient, gemeinsame Veranstaltungen für Eltern durchzuführen, Unterschriften. Und wurde das erste Opfer der Schließung: Eine für Herbst geplante Ausstellung mit Malereien von Kindern hatte plötzlich keine Ausstellungsfläche mehr. Schüler/innen und Lehrer/innen der IGH protestierten mit großen Demonstrationen vor dem Rathaus. Ohne Erfolg.

Ein Bild aus besseren Tagen...

Man muss sich das mal vorstellen: In Zeiten der Pisa-Studie gehen hunderte Jugendliche (die angeblich nur noch Fun im Kopf haben) für ihre Bücherei auf die Straße und der Gemeinderat beschließt trotzdem mehrheitlich die Schließung.

Noch im Dezember schlug das Ereignis Wellen. Unter der Überschrift "Sprachlos vor Zorn" fragte Genia Ruland in einem RNZ-Leserbrief, ob man eine entsprechende Institution wohl auch in einem anderen Stadtteil geschlossen hätte. "Es war ein warmer Platz für viele Kinder in einem Alter, wo besser gestellte sich beim Tennis oder Reiten treffen." Genia Ruland nannte die Schließung "erbärmlich".

Grund der Schließung war der Sparzwang der Stadt. Alle sollten sich am Sparen beteiligen. Viele Institutionen tun das auch. Aber nicht für alle bedeutet das Sparen das Ende. "...für Kinder aus Milieus, in denen die Menschen nicht lesen, ist der Verlust einer Bücherei eine Katastrophe. Sie entdecken womöglich nie das nötige Wissen, das über ihren Platz im Leben entscheidet" sagt, nein, nicht Genia Ruland, sondern Michael Moore in »Stupid White Men«.
Doch der Aufschrei der RNZ-Feuilletonisten galt nur den Kürzungen beim mit Abermillionen Euro subventionierten Theater. Ob und was Lisa, Ahmet und Ludmilla lesen interessiert keinen sie wenig.

Bei der "Bibi" ging es um 90.000 Euro im Jahr. Armes Deutschland!

KERWE FOREVER: »punker« fordert: Rettet das Käthchen!

Die Kerwe ist eine ernste Sache. Da kommen Abgeordnete aller politischen Ebenen, die (Wein-) königin und sogar die Oberbürgermeisterin. Und die hören sich eine gereimte lustige Rede an, die auch kritisch sein darf. Und alle müssen lächeln und gute Miene machen. Dann geht’s zum Kerweplatz. Da trinkt man ein Bier und noch eins und so weiter. Und zum Schluss wird dann die Kerweschlumpel verbrannt, die in Rohrbach das Käthchen heißt, obwohl man das wie s’Kettsche ausspricht. Aber nicht so schreibt. Jedenfalls nicht in der gedruckten Fassung der Kerwered. Überhaupt: "sch" und "ch". Die »punker«-Kerwered’, die zur Rettung des Käthchen aufrief und "Kerwe forever" forderte, polarisierte das Publikum. Was der eine mit "gar nicht schlecht für Zugereiste" kommentierte, war dem anderen ein Beispiel für die Zersetzung der wahren Mundartschreibweise durch die Ahnungslosen.

Aber zurück zum Käthchen, das, egal wie man’s schreibt, am Ende der Kerwe verbrannt wird. Dieser merkwürdige Brauch geht zurück auf wer-weiß-was und stört die wenigsten. Manche aber schon. Deshalb war diesmal das Käthchen nicht allein. Vom Balkon gegenüber blickte der Kerwepunker auf sie. Mit festem Blick, energisch erhobener Faust und einem Transparent, auf dem stand, das Kätchen (ohne "H") dürfe nicht sterben.

Da staunte das Publikum. Und dem Pressefotografen verschlug es gar die Sprache.

Doch so sehr der »Kerwepunker« auch kämpfte, zum Schluss brannte das Käthchen dann doch. Was den Stadteilvereinsvorsitzenden Bernd Frauenfeld zu der Bemerkung veranlasste: "1:0 für uns!". Aber wie heißt es so schön: Die Kerwe dauert 3 Tage und hinterher sind alle rund" und "Nach der Kerwe ist vor der Kerwe!"

Musik für Rohrbacher/innen: Session 03

Samstag, 20. September 2003, im Jugendtreff Hasenleiser drängen sich die Stars der Rohrbacher Musikszene. Rohrbacher Musiker spielen für Rohrbacher/innen. So das Motto. Auch wenn es anfangs so aussah, als spielten Rohrbacher Musiker für Rohrbacher Musikerinnen und umgekehrt. Denn das Publikum kam nicht im üblichen Umfang. Schade Leute. Ihr habt das Musikereignis des Jahres verpasst. Stars ohne Ende. Ein Abend, der so ungewöhnlich war und so schön, dass der Conférencier meinte, da könnte die Weststadt und der ganze Rest abstinken.

Auch 2004 wird es eine Session geben. Bestimmt mit noch mehr Musiker/innen etc.!

Zwischen Verdi und einstürzenden Neubauten: Furukawa wird bebaut

Die Bauarbeiten für das so genannte "Quartier am Turm" schreiten voran. Angesichts der Rohbauten kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier in aller Stille ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. War anfangs in den städtischen Workshops, den Bebauungsplanentwürfen und den öffentlichen Stellungnahmen von Stadt und Bauherren immer der "genius loci" der alten Waggonfabrik beschworen worden, so propagierten die Bauherren im Rahmen ihrer Werbeaktivitäten einen italo-musikalischen Anspruch der Architektur. Das ging so weit, dass man versuchte die bereits beschlossene Benennung der Straßen nach Ingenieur/innen und Techniker/innen zu revidieren und stattdessen Komponisten zu verewigen.
Schön wäre es, wenn der musische Schwung der Public Relation sich auch tatsächlich in der Architektur widerspiegelte. Aber wenn man heute durch die neuen Straßen streift, befällt einem die Angst, dass die Bauherren mehr Energie auf die Findung von Werbemetaphern verwendeten als auf innovative Baukonzepte. "In Gebäude gegossene Musik" hatte ich mir anders vorgestellt. Die Nordfenster der neuen Gebäude blicken auf die alten Mauern, die Menschen werden nicht aus dem Fenster, sondern auf die alten Mauern schauen. Natürlich kann man das Stück begrünen, aber es wird eng bleiben, eine schmale Schlucht. Die alten Mauern stehen vor den neuen Gebäuden, als hätte man sie einfach vergessen abzureißen, oder als würde man nur darauf warten, dass sie von alleine umfallen. Eine kreative Synthese aus Alt und Neu, die den genius loci erhält ist das, was man bisher sieht, noch nicht.

Nebenan, an der Ecke Heinrich-Fuchs-Straße/Fabrikstraße, liegt die Brache, die einmal ein Park werden sollte und nun ein Pfegeheim beherbergen wird. Im Sommer 2003 war im Bethanien-Krankenhaus ein Modell des Gebäudes zu sehen. Der erstrittene Parkrest ist vorhanden, aber ordentlich eingezäunt. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Türen tagsüber offen bleiben und man nicht den Schlüssel beim Pförtner holen muss. Und dass es sich das Bethanien nicht noch einmal anders überlegt.

S-Bahn: Bundesbahn vom Start überrascht

Eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres für Rohrbach/Kirchheim war ohne Frage die Eröffnung der S-Bahn am 14. Dezember. Schon lange hatte man dem Termin entgegen gefiebert. Die Zeitungen waren voll von Berichten. Einzig die Bundesbahn wurde vom Start der S-Bahn völlig überrascht. Zumindest konnte man diesen Eindruck am Bahnhof Kirchheim/Rohrbach erhalten: Auf der westlichen Seite eigentlich noch Vollbaustelle, die Fahrzüge funktionierten anfangs gar nicht, einer wurde im Laufe des Tages in Gang gesetzt. Die Menschen, ziemlich viele, irrten auf der Suche nach einem Fahrplan auf dem Gelände herum. Einen gab es auch, auf dem Mittelbahnsteig, mit Krepp an den einzigen vorhandenen Fahrplanautomaten gepinnt.

Auch der Takt ist, um es taktvoll zu sagen, eigentlich auch kein so richtiger. Aber was ist kann ja noch werden.

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...Noch mehr Überraschungen

Auch die HSB war 2003 überrascht worden, beim Start der Umbaumaßnahmen an den Straßenbahnlinien durch die Weststadt. Wochenlang quetschen sich die Fahrgäste in völlig überfüllte, verspätete Busse und Bahnen und schaukelten über den Haltepunkt der S-Bahn in der Weststadt. Der auch noch eine Baustelle ist. Aber bereits im September 2004 sollen beide Aufzüge funktionieren. Dann soll auch schon der Umbau der SB-Gleise in der Weststadt fertig sein. Flottes Tempo! Allerdings beginnen dann die Baumaßnahmen in der Rohrbacher - / Karlsruher Straße. Überraschung folgt also auf Überraschung. Und bis all’ die Maßnahmen dann endgültig abgeschlossen sind, werden viele Kinder (auch ohne 12-jähriges Gymnasium) ihre gesamt Schulzeit übervolle Busse und Straßenbahnen genossen haben, mit 18 den Führerschein machen und die Staus auf bequemen Sitzen genießen.

Adventszeit in Rohrbach: Noch mehr Lichter in der Dunkelheit

Der »punker« war nicht der erste der über eine Adventsbeleuchtung für Rohrbach nachgedacht hatte. Der Stadtteilverein hat gehandelt und nun ist die Rathausstraße von Rohrbach-Markt bis zum Rathaus illuminiert. Wir meinen: Weiter so, jedes Jahr ein Stück. Nächstes Jahr bis zur Traube, und übernächstes vielleicht die Heinrich-Fuchsstraße. Und danach vielleicht noch ein Stern in der Mitte jeder Kette... Dann brauchen wir Rohrbacher nicht mehr in die Stadt, denn einen schönen vorweihnachtlichen Markt haben wir ja auch schon...

Happy End: So endet das Jahr 2003 doch noch versöhnlich

Derart erleuchtet, gehen wir in das neue Jahr mit vielen Hoffnungen und hohen Erwartungen. Vielleicht werden gar die Bauarbeiten in der Karlsruhe Straße zwischen Rohrbach Markt und Ortenauer Straße abgeschlossen! Und der Aufschwung kommt, die Arbeitslosenzahlen sinken (wenigstens statistisch gesehen). Die Maut kommt. Ja und Rohrbach Markt wird endlich vernünftig umgebaut. Ende gut, alles gut!