Verzähldisch des Stadtteilvereines

Ma kann alt werre wie e Kuh, ma lernt immer was dazu!

von Hans-Jürgen Fuchs

Meine Kinder hätten bestimmt gefragt, was das da ist. Dieses riesige Gerät mit Spulen, die sich drehen. Und dem Mann davor mit den großen Kopfhörern. Beim »punker«-Konzert hatte Uwe Loda ein Gerät dabei, das, gerade mal so groß wie eine Zigarettenschachtel, den gleichen Zweck erfüllte: Digital dort, offensichtlich analog hier, ging es um das Aufzeichnen. Und das Riesengerät beim Verzähldisch war ein UHER-Stereo-Tonbandgerät. So wie wir alle eines hatten - die Männer jedenfalls. Karl Hemmerich nahm auf, was die ca. 20 Besucher/innen des dritten Verzähldischs zu erzählen hatten. Die Gespräche sollen im Museum archiviert werden, als akustische Zeitzeugen.

 

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Und zu erzählen gab es viel.

Schon 1920 getrennt
So trennte die Karlsruher Straße (die "Chaussee") auch schon 1920 Rohrbach: auf der einen Seite "Berg" (beim Rathaus), und "Vorstadt" (Leimerstraße), auf der anderen "Unnerdorf" und "Barrack" (auf den heutigen Furukawa-Gelände). Getrennt waren auch die Sportvereine, die TSG war der "Unnerdorf"-Verein...

Juden in Rohrbach
Ein Teil des Abends beschäftigte sich mit den 300 Juden, die bis zur Vertreibung in Rohrbach lebten. An die Synagoge erinnert ein Stein, die Heidelberger Gedenktage finden aber immer in der Altstadt statt...
In der Rathausstraße gab es zwischen Dorfschänke und Rotem Ochsen auch ein Judenbad mit direktem Abfluss in die Bach. Und die Weingasse hieß bis zur Eingemeindung Blumenstrasse und davor Judengasse...
Gustav Knauber, Initiator der Veranstaltung, erinnerte sich, wie er als 5-jähriger den Synagogenbrand erlebe. Der ansässige Feuerwehrkomandant Meyer, selbst Jude, durfte nicht eingreifen als die "Randalierer, die von ausserhalb kamen" ("die Rohrbacher kamen gut mit Juden aus"), das Gotteshaus anzündeten. Knauber beschrieb das Gitter am Eingang, die Treppe, die voller verbrannter Bücher lag. Der Feuerwehrkomandant "Judde-Meyer" verließ Rohrbach und überlebte in USA.

Namen
Heiliges und Profanes liegt manchmal nah beieinander. Das heutige Heiligenhaus war früher eine "Seigass". Die heutige die Winzergasse hieß Buttergasse, die rathausstraße bis zur Eingemeindung Hauptstraße und das Bethanienkrankenhaus nannte man früher "Krüppelheim".

Anekdoten
... würzten den Abend. So die vom Rollerverleih, bei dem die Kinder für 10 Pfennig Roller mit Luftreifen ausleihen konnten. Der dies erzählte bekam den Zehner nie, denn dafür kaufte man ein Brötchen. Denn Geld war rar. Man sparte an allem, an der Heizung zum Beispiel. Schlafzimmer waren immer ungeheizt, so dass die Männer im Winter beim Aufstehen erst einmal das Eis aus den Bärten klopfen mussten. Aber selbst wenn das Geld floss, konnte das zum Problem werden. So erzählte man sich, dass im Höllenstein die Polizei kam, wenn einer pünktlich seine Miete zahlte: Wo hat denn der das Geld her?

Wie hieß es so schön: "Ma kann alt werre wie e Kuh, ma lernt immer was dazu!

Der Verzähldisch findet alle zwei Monate statt, das nächste mal am 28. März, 19.00 Uhr
im Nebenzimmer des Adlerstübchens, Rathausstraße 10.